Verhaltenstherapie

Was ist Verhaltenstherapie?

Die Verhaltenstherapie beschäftigt sich, ausgehend von den Symptomen (z.B. Ängsten) mit der Analyse des Problem-verhaltens. Es werden die Zusammenhänge zwischen Verhalten im weitesten Sinne, d.h. Handlungen, Gedanken, Gefühlen und körperlichen Reaktionen, und den auslösenden sowie aufrechterhaltenden Bedingungen des Problems betrachtet. Hinterfragt wird, wie das Problem funktioniert und woher es kommt. Dann werden Lösungen gesucht, wie das Problem behoben bzw. abgebaut werden kann. Dabei werden ungünstige Verhaltensweisen oder Einstellungen schrittweise bearbeitet und verändert und neue oder günstigere Verhaltens- oder Denkweisen erprobt. Die/der TherapeutIn hat in der Verhaltenstherapie eine aktive Rolle, ist mit der/dem PatientIn im Dialog, erklärt und spiegelt Wirkmechanismen in einer für die/den PatientIn verständlichen Sprache.

Verhaltenstherapie

Das Vorgehen wird sehr verkürzt am Beispiel Prüfungsangst erläutert. Es wird die Angst vor Prüfungen analysiert. Das Problemverhalten zeigt sich in diesem konstruierten Fall in Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Verzweiflung, Konzentrationsproblemen und Angstgedanken. Ungünstige Gedanken ("Ich falle bestimmt durch." "Ich kann doch nichts.") werden aufgedeckt und alternative Sichtweisen erarbeitet. Ggf. wird auf den Ursprung dieser ungünstigen Gedanken eingegangen und dieser lebensgeschichtlich aufgedeckt (z.B. strenge, maßregelnde Erziehung im Elternhaus bei hoher Leistungsorientierung und vorwiegender Anerkennung über Leistung). Es werden aktiv neue Sichtweisen und Gedanken aufgebaut ("Wenn ich lerne, schaffe ich es."; "Ich bin genau so gut wie andere."; "Mein Leben hängt nicht ab von dieser Prüfung."). Gleichzeitig werden diese durch neue aufgebaute Verhaltenweisen gestützt (z.B. das Erlernen von Entspannung, anderen Lerntechniken und Konzentrationsübungen). Das neu erlernte Alternativverhalten wird in der Realität ausprobiert, indem es gut vor- und nachbereitet wird. Es wird weiter geübt und modifiziert bis die Symptomatik verschwunden und das Ziel erreicht ist.

Am Beispiel wird klar, dass die Verhaltenstherapie ein sehr zielorientiertes Verfahren ist. So steht zu Beginn der Behandlung immer eine möglichst konkrete Zieldefinition an, die gemeinsam erarbeitet wird (im Beispiel: Abbau der existentiellen Bedrohung durch näher rückende Prüfung, Aufsuchen der Prüfungssituation ohne Vermeidung).

Allgemein liegt der Verhaltenstherapie die Vorstellung zugrunde, dass ungünstige Einstellungen und Verhaltensweisen nicht angeboren, sondern durch unterschiedliche Mechanismen im Laufe der Lebensgeschichte erlernt und aufrechterhalten wurden. Problematische Einstellungen und Verhaltensweisen können damit umgekehrt auch wieder verlernt werden, wenn die Mechanismen aufgedeckt und verstanden werden.

Da dem Ausprobieren neuer Sicht- oder Verhaltensweisen in der Verhaltenstherapie eine große Rolle zukommt, ist die aktive Mitarbeit der/des PatientIn wichtig. Generell gilt in jeder Psychotherapieschule, dass keine Veränderungen möglich sind, die die/der PatientIn nicht selbst will und selbst herbei führt.
nach oben

Prinzipien der Verhaltenstherapie

Verhaltenstherapie ist problemorientiert:

Die aktuellen Probleme werden in der Therapie konkret und detailliert betrachtet.

Verhaltenstherapie ist transparent:

Die moderne Verhaltenstherapie arbeitet mit Erklärungs-modellen. In der Therapie wird gemeinsam mit dem Patienten erarbeitet, wie das Problem entstehen konnte (Lebens- und Lerngeschichte) und wodurch es derzeit aufrechterhalten wird. Das therapeutische Vorgehen und die Behandlungstechniken werden genau erklärt, damit der Patient überzeugt und aktiv in der Therapie mitarbeiten kann.

Verhaltenstherapie ist stark gegenwarts- und zukunftsorientiert:

Die Auslöser eines psychischen Problems können häufig im Nachhinein nicht mehr verändert werden. Daher orientiert sich die Therapie in starkem Maße daran, wie sich das Problem beseitigen lässt, wie man besser mit dem Problem umgehen kann, oder wie man aktuell mit negativen Erlebnissen der Vergangenheit besser zurechtkommen kann.

Verhaltenstherapie ist ziel- und lösungsorientiert:

Es werden realistische Ziele und Veränderungswünsche gemeinsam mit dem Patienten formuliert. Im kooperativen Gespräch werden einzelne Schritte zur Erreichung der Ziele entwickelt. Im Therapieverlauf werden Veränderungen dahingehend geprüft, ob sie weiterhin zielführend sind.

Verhaltenstherapie ist konkret und alltagsnah:

In den Therapiegesprächen werden das konkrete Denken, Fühlen und Handeln, sowie die Lebenssituation betrachtet. Mögliche Veränderungsschritte werden ebenso konkret benannt und gemeinsam geplant. Die Umsetzung im Alltag wird anschaulich besprochen und vorbereitet. Bei bestimmten Problemen kann der Therapeut den Patienten bei der Umsetzung zunächst sogar begleiten und gezielt anleiten.

Verhaltenstherapie beinhaltet die praktische Erweiterung des Handlungsspielraumes:

Für verschiedene Situationen werden angemessene und hilfreiche Verhaltens- und Problemlösestrategien erarbeitet und umgesetzt. Der Patient arbeitet ganz aktiv in der Therapie mit. Weil Einsicht allein oft nicht ausreicht, um verfestigte Probleme zu verändern, werden neue Handlungs- und Denkweisen ausprobiert und trainiert.

Verhaltenstherapie ist individuell:

Jede Behandlung orientiert sich am einzelnen Patienten und an seiner besonderen Situation. Die Techniken der Verhaltenstherapie werden auf jeden Patienten genau zugeschnitten.

Verhaltenstherapie ist auch Hilfe zur Selbsthilfe:

Neben der konkreten Problemlösung während der Therapie wird auch die Erhöhung der allgemeinen Problemlösefähigkeit angestrebt.

Verhaltenstherapie ist ein effektives Therapieverfahren:

Wissenschaftliche Studien belegen die Wirksamkeit der verhaltenstherapeutischen Techniken. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse werden integriert und können dadurch die Möglichkeiten der Verhaltenstherapie immer wieder erweitern.

(Eigene Modifikation der "Prinzipien der Verhaltenstherapie" nach J. Margraf.)

nach oben